Am 20. März 2017 begrüßten wir im Mehrgenerationenhaus Ingelheim Herrn Dr. med. S. Faraji, der sich mit seiner privatärztlichen Praxis in Wetzlar auf die Behandlung von Patienten mit Autismus spezialisiert hat. Er stellte im Rahmen der Informationsveranstaltung biomedizinische Untersuchungen und Behandlungsmethoden bei Autismus vor. Herr Dr. Faraji ist Vater eines von Autismus betroffenen Sohnes. Er hat sich deshalb intensiv mit Behandlungsansätzen auseinandergesetzt und im Jahr 2003 seine auf Autismus fokussierte Praxis eröffnet. Zusätzlich ist Herr Dr. Faraji Inhaber einer Firma, die Nahrungsergänzungsmittel für die biomedizinische Therapie bei Autismus herstellt.
 
Hier sind einige Schwerpunkte des Vortrags:
 
Autismus geht mit Wahrnehmungsstörungen aller Sinne einher. Herr Dr. Faraji erläuterte dies anhand von Zeichnungen eines jungen mit Autismus und Hörbeispielen. Es ist wichtig, sich dies bewusst zu machen, um Menschen mit Autismus und ihre Schwierigkeiten besser zu verstehen.
 
Bei der Testung der Intelligenz Betroffener ist es entscheidend, geeignete Tests auszuwählen, weil sonst fälschlicherweise die Intelligenz zu niedrig eingeschätzt werden kann.
 
Die Häufigkeit von Autismus hat in den vergangenen Jahrzehnten massiv zugenommen, wie an Daten aus den USA zu sehen ist. Dies kann nur zum Teil mit einer verbesserten Diagnostik erklärt werden. Diese Beobachtung spricht gegen die Annahme, dass Autismus eine rein genetisch bedingte Erkrankung sei, denn das Erbgut des Menschen verändert sich nicht innerhalb von Jahrzehnten. Vielmehr passt dies zu der Hypothese, dass eine genetische Neigung zu Autismus mit auslösenden oder verstärkenden Umweltfaktoren zusammentrifft.
 
Herr Dr. Faraji berichtete anhand von bei seinen Patienten mit Autismus erhobenen Befunden, dass es auffällige labordiagnostische Abweichungen von den etablierten Normwerten gibt. Dies betrifft unter anderem die folgenden Bereiche:
 
Zusammensetzung der Darmflora-Fehlbesiedlung, oft weniger säurebildende Laktobazillen und Bifidobakterien
 
Fett oder Stärke im Stuhl erhöht-ungenügende Verdauung
 
• Vitamin D und auch A im Blut erniedrigt-nicht Autismus-spezifisch, sollte aber behandelt werden Zink (Vollblut) erniedrigt-Zink ist für die Aktivität vieler Enzyme wichtig. Der Zinkmangel kann mit einer Stoffwechselstörung bei der Bildung des roten Blutfarbstoffes zusammenhängen (HPU/KPU, Pyrrolurie). Bei Vorliegen dieser Stoffwechselstörung ist auch der Bedarf an aktiviertem Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat) stark erhöht.
 
• Nervonsäure im Blutserum erniedrigt-wichtiger Baustein der Umhüllung (Myelinscheide) der markhaltigen Nerven.
 
Omega 3 Fettsäuren erniedrigt-für die Membranen von Nervenzellen wichtig.
 
• Coenzym Q10 erniedrigt-der Stoffwechsel der Mitochondrien (Einheiten in den Zellen, für den
 
Energieunsatz wichtig) kann beeinträchtigt sein.
 
alpha-1-Antitrypsin im Stuhl erhöht-ein Marker für die Durchlässigkeit der Blut-Darm-Schranke.
 
Menschen mit Autismus zeigen gehäuft Symptome von Darmproblemen, wie Bauchschmerz, mikrobielle Fehlbesiedlung und erhöhter Durchlässigkeit des Darmes. Letztere kann dazu führen, dass Abbauprodukte (Peptide) aus Getreideeiweiß (Gluten) oder Milcheiweiß (Casein) ins Blut gelangen und im Gehirn an dieselben Rezeptoren binden wie Substanzen aus dem Schlafmohn (Opioide). Von diesem Phänomen betroffene Menschen können durch den Verzehr von Casein oder Gluten Symptome wie Kopfschmerz oder Konzentrationsstörungen bekommen. Dann kann eine Diät ohne Gluten und Casein sinnvoll sein und positive Effekte auf Befinden und Verhalten haben.
 
Die erhöhte Durchlässigkeit kann auch zur Anwesenheit von Nahrungsmittelallergenen im Blut führen, die zu einer Erhöhung der Spiegel von spezifischen Antikörpern (IgG4) führen kann. Diese Labordiagnostik kann zur Erarbeitung von spezifischen Diätempfehlungen genutzt werden kann.
 
Herr Dr. Faraji empfiehlt Diäten nicht pauschal, sondern individuell. Beispielsweise profitieren nicht alle Menschen mit Autismus von einer Gluten- und Casein-freien Diät.
 
Durch Analysen festgestellte Mängel an Mikronährstoffen können durch Ernährungsanpassungen und die gezielte Gabe von passenden Nahrungsergänzungsmitteln verbessert werden. Herr Dr. Faraji lässt für seine Therapien geeignete Nahrungsergänzungsmittel selbst herstellen. Dabei setzt er auch Heilpflanzen wie zum Beispiel Mariendistel, Löwenzahn und Artischocke ein.
 
Herr Dr. Faraji erläuterte die Phasen 1 und 2 der Entgiftung. Bei seinen Patienten beobachtet er oft eine erniedrigte Aktivität eines bestimmten Enzyms der Phase 2 der Entgiftung-Glutathion-S-Transferase T1 (Theta). Dies kann zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegen bestimmte Substanzen führen. Eine Belastung mit Schwermetallen kann auch eine Rolle spielen.
 
Herr Dr. Faraji verspricht Patienten und deren Familien bewusst keine bestimmten Therapieeffekte, auch wenn er aus seiner reichhaltigen Erfahrung mit der Behandlung von Menschen mit Autismus weiß, dass sich Gesundheit, Wohlbefinden und Verhalten unter der Behandlung sehr deutlich verbessern können. Er verspricht aber, die Menschen auf ihrem Weg therapeutisch mit risikoarmen Maßnahmen zu begleiten. Für die von Autismus betroffenen Menschen eröffnen Behandlungsmethoden mit Mikronährstoffen und spezifisch angepasster Ernährung einen zusätzlichen therapeutischen Ansatz. Im Elternkreis kennen wir mehrere Beispiele, wo dies mit deutlichen Verbesserungen der Gesundheit, des Schlafes, des Verhaltens und der Lernfähigkeit einherging. Daher kann sich die Beschäftigung mit diesem Ansatz unter Anleitung eines kompetenten Arztes sehr lohnen.
 
Im Anschluss an den Vortrag gab es Gelegenheit, im Auditorium Fragen an Herrn Dr. Faraji zu stellen. Der angeregte Austausch wurde am Büffet fortgesetzt, wo es leckere Kostproben aus der Diätküche gab.
 
Die Veranstaltung war mit etwa 90 Teilnehmern ausgebucht.
 
 
Dr. Ingo Lang
 
Dieser Beitrag wurde unter Aktuelles abgelegt am 11. April 2017 [http://autismus- rheinhessen.de/biomedizinische-untersuchungen-und-behandlungsmethoden-beim-autistischen- syndrom/] von Claudia Sporn.
 
Biomedizinische Untersuchungen und Behandlungsmethoden beim Autistischen Syndrom