Ingelheim, 13. September 2017 – Ratlosigkeit und Unverbindlichkeit kennzeichnen die Situation für Schüler und Schülerinnen mit Autismus in Rheinland-Pfalz sowie für deren Eltern und Lehrer. Die Folge sind unnötige Konflikte und immer wieder untragbare Beschulungssituationen für die betroffenen Kinder und ihre Familien. „Die Missstände reichen von einem frappierenden Mangel an verbindlichen schulpolitischen Vorgaben auf Landesebene über fehlende Beratungsstrukturen für Schulen und Lehrkräfte bis hin zur mangelhaften Zusammenarbeit mit Jugend- und Sozialämtern, die für die Eingliederungshilfe beeinträchtigter Schüler zuständig sind “, so Kerstin Claus vom Vorstand des Elternkreises Autismus Rheinhessen e.V.
Im Ergebnis, so Susanne Behne, Vorsitzende der ehrenamtlichen Initiative, führe das nicht selten zu untragbaren Situationen wie mehrfachen Schulwechseln bis hin zur Nichtbeschulung über mehrere Monate. „Diesen Konflikten entkommen die Familien nur mit hart erkämpften Einzelfalllösungen – Eltern, die nicht über entsprechende Kenntnisse, Ressourcen und auch Mut verfügen, werden durch solche individuelle Lösungen massiv benachteiligt“, kritisiert Behne.
Autismusspezifische Expertise ist die Basis für adäquate Beschulung
Eine Autismusspektrumsstörung führt zu sehr unterschiedlichen Beeinträchtigungen der betroffenen Kinder – spezifisches Fachwissen ist deshalb für die individuelle Förderplanung unabdingbar, ebenso wie für die Festsetzung eines angemessenen Nachteilsausgleichs, mit dem Chancengleichheit erreicht werden soll. „Nur mit einer fachlichen Begleitung kann die Beschulung unserer Kinder gewährleistet und können die Schulen entlastet werden“, betont Kerstin Claus. Eine dafür nötige Expertise gibt es in Rheinland-Pfalz jedoch weder im Bereich der Förderschulen noch in der Regelschule.
Der Elternkreis Autismus Rheinhessen e.V. hat deshalb einer Reihe von Vertretern der Landespolitik seinen Forderungskatalog mit folgenden Punkten überreicht:
- Schaffung eines „Förderschwerpunkts Autismus“ oder äquivalenter Strukturen, über die alle Kinder im Autismusspektrum förderdiagnostisch erfasst und mit denen sowohl Schulen als auch die betroffenen Kinder durch Schulpsychologen, Förder- und Beratungszentren oder einen Mobilen Sonderpädagogischen Dienst beratend begleitet werden. Diese Strukturen müssen für Förderschulen ebenso wie für Regelschulen gelten.
- Verbindliche Einbeziehung der Eltern als Experten für ihr Kind in Beratungs- und Entscheidungsprozesse rund um die Beschulung ihres autistischen Kindes.
- Schulausschlüsse einzig wegen beeinträchtigungsspezifischen Verhaltens sind unzumutbar.
Der Appell des Elternkreises Autismus Rheinhessen e.V. richtet sich an alle im Rheinland-Pfälzischen Landtag vertretenen Parteien. Susanne Behne: „Die Problematik der oft unzureichenden Schulsituation von Kindern und Jugendlichen im Autismusspektrum kann nur schulpolitisch über die skizzierten Maßnahmen behoben werden. Schulen und Eltern brauchen klare Vorgaben und kontinuierliche fachliche Unterstützung!“